Erwin Wickert Stiftung
Brief an Intendantin von Radio Berlin-Brandenburg (RBB), Mai 2024
ERWIN WICKERT STIFTUNG
21. Mai 2024
Vors: Wolfram Wickert
Fehrbelliner Str 56, 10119 Berlin
T +49-30-65 218 219,
ww@laolang.de
An
RBB Intendantin
Ulrike Demmer
Berlin
Service-redaktion@rbb-online.de
Sehr geehrte Frau Demmer,
der RBB wurde erst kürzlich von heftigen Vetternwirtschafts- und Verschwendungs-Skandalen erschüttert.
Das Programm gilt als einseitig und publikumsfern. Vor allem Stimmen aus dem Land Brandenburg beschweren sich, dass der RBB zu einseitig und publikumsfern berichte. Die Redaktionen haben wenig Gespür für Brandenburg und die neuen Länder. Die Bürgerinnen und Bürger spüren es. Erstaunlich ist, dass z.B. eine Schriftstellerin wie Jenny Erpenbeck erst jetzt vom RBB entdeckt wird, nachdem sie den International Booker Preis erhalten hat. Der Eindruck, den die RBB-Redaktionen in den jüngsten Interviews geben, ist mehr als dröge. Kein Wunder, dass Ministerpräsident Dietmar Woidke Sie nicht empfängt.
Der RBB fällt weiterhin und erneut durch Kungeleien auf. Sie bescheinigen z.B. dem RBB Chefredakteur David Biesinger, nicht zum Zirkel von Ex-Intendantin Patricia Schlesinger gehört zu haben. Dies wird vom Business Insider bestritten. Ab Juli 2024 soll Anna Engelke, ehemalige Sprecherin bei Frank-Walter Steinmeier von 2017-2022, Vizechefin der Redaktion Bericht aus Berlin werden. Ausgerechnet bei Steinmeier! Er ist kein Vorbild. In den vergangenen Jahren trat er als ein mit sich selbstzufriedener Außenminister und Bundespräsident auf. Soll er Akzente setzen, setzt er die falschen: dilettantisches Bild der Bonner Außenpolitik und Putin freundliche Russland Politik. Für Frau Anna Engelkes Befähigung spricht nichts.
Auch Sie waren jahrelang stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung. Eine neue Cousinenwirtschaft? Diese Regierungsnähe wirft Zweifel an einem unabhängigen Journalismus auf. Damit laufen Sie Gefahr, den Rundfunkauftrag nicht mehr zu erfüllen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Wickert
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ERWIN WICKERT STIFTUNG
April / Mai 2024
Vors: Wolfram Wickert
Fehrbelliner Str 56, 10119 Berlin
T +49-30-65 218 219,
ww@laolang.de
Gutachten zu J. Fischers und F-W. Steinmeiers dilettantischer Außenpolitik
I
Außenminister Josef Fischer (1998-2005) geriet wegen der von ihm verursachten Visa-Missbrauchs-Affäre (2000-2004) in die Kritik europäischer Regierungen. Als Opposition und Diplomaten seinen Rücktritt forderten, kehrte die Bundesregierung zu einer strikteren Visavergabe zurück.
Die Kritik seiner eigenen Beamten (z.B. der Mumien) trafen ihn derart persönlich, dass er für ca 1,5 Mio € Steuergelder eine Historikerkommission zusammenstellte. Diese Kommission, mit Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes und Moshe Zimmermann stellten am 28. Oktober 2010 in Berlin gemeinsam mit Ex-Außenminister Fischer und seinem Nachfolger Frank Walter Steinmeier ihre einseitige Auftragsarbeit: Das Amt und die Vergangenheit vor. Darin erklärten sie, wie von Außenminister Fischer gewünscht, die ehemaligen Ribbentrop Diplomaten, die das Bonner Ministerium des Auswärtigen aufgebaut haben, hätten ihre “außenpolitischen und diplomatischen Denktraditionen nach 1945 noch lange nicht“ aufgegeben, Selbst im fernen Ostasien seien „deutsche Diplomaten mit der Endlösung der Judenfrage befasst“ gewesen. Natürlich fehlen die Beweise, weil es für die Nachkriegsaußenpolitik keine gibt.[1] Die blamablen deutschen Historiker Conze und Frei nehmen die Bonner Diplomatie auf den Arm! Sie gehen der Frage, ob die ehemaligen Ribbentrop-Diplomaten überhaupt unter den Augen der West-Alliierten USA, Großbritannien und Frankreich nationalsozialistisch gehandelt haben könnten, nicht einmal nach. Die deutsche Historikerzunft lehnte auf ihrer Sommertagung in der Ev. Akademie von Tutzing im Jahr 2013 die Anerkennung als unzuverlässige Recherche ab.[2] Die Außenminister Fischer und Steinmeier versuchten mit Steuergelder-Missbrauch vergeblich eigene Mitarbeiter durch ein manipuliertes Geschichtsbild zu diskreditieren. Sie sollten die Kosten selbst bezahlen. Bezeichnung im Volksmund: Nestbeschmutzer? Die Historiker blamierten sich und die Geschichtswissenschaft mit Fischers und Steinmeiers Auftragsarbeit. Im Volksmund: bestechlich, käuflich?
II
Die NATO-Bündnispartner beobachteten die Bonner Bundesrepublik zu Beginn des Kalten Krieges besonders kritisch. Der britische NATO-Generalsekretär Hastings Lord Ismay schilderte im Jahr 1957 die Sicherheitspolitik: “We keep the USA in, the Soviets out and the Germans down.”[3] Historische Dokumente zeigen, dass die Bonner Bundesregierung, - die Kanzler, die Außenminister und die Diplomaten -, die Sicherheits- und Außenpolitik mit den West Alliierten eng abstimmten.
Drei politische Beispiele 1957: Die deutsche NATO-Delegation in Paris schlägt in einem Memorandum[4] die Prüfung vor, beim Einfall der Roten Armee auf den Einsatz von Atombomben an der Zonengrenze zu verzichten. Der Schaden sei für die deutsche Bevölkerung zu hoch. Die NATO diskutierte 1958 den Plan ausführlich, lehnte ihn aber ab. Dieses Memorandum wurde von ehemaligen Ribbentrop-Diplomaten geplant und geschrieben.
1961-1962: Ein sowjetisches Aide-Memoire schlug der Bonner Regierung 1961 vor, die NATO zu verlassen, die DDR als souveränen Staat anzuerkennen und ein besseres Verhältnis zur Sowjet Union anzustreben. Die Bundesregierung lehnte den sowjetischen Vorschlag im folgenden Jahr[5] ab. Die ehemaligen Ribbentrop-Diplomaten, die diese Antwort entwarfen, diskutierten sie ausführlich mit den westlichen NATO-Verbündeten. Sie beabsichtigten damit, eventuelle Befürchtungen zu zerstreuen, dass Deutschland wie nach dem I. Weltkrieg mit der Moskauer Regierung ein Geheimabkommen ähnlich wie den Rapallo Vertrag, 1922, abschließen könne.
1966: ehemalige Ribbentrop-Diplomaten haben auch die deutsche Friedensnote geschrieben, die nach einem ausführlichen Abstimmungsverfahren, vor allem mit Washington, London und Paris, am 25. März 1966 an ca 180 Regierungen in der Welt gleichzeitig überreicht wurde.[6] Die Note läutete die neue deutsche Ostpolitik ein, führte zum Atomwaffensperrvertrag, zu KSZE-Verhandlungen und schließlich zu den 2+4 Gesprächen. Da durch die Hallstein Doktrin die diplomatischen Beziehungen zu Jugoslawien (1957) und zu einigen arabischen Staaten (1965) abgebrochen worden waren, verteilten Frankreich, Italien, die Schweiz und Großbritannien die deutsche Friedensnote. Die britische Regierung veröffentlichte eine unterstützende diplomatische Note.[7]
Fazit: J. Fischer und F-W. Steinmeier haben als Außenpolitiker in der Visa - bzw. Russlandpolitik leider wiederholt die falschen Akzente gesetzt. Es darf unterstellt werden, dass sie ihren Mangel an eigener Fachkompetenz nicht durch effektive Beraterstäbe ausgleichen konnten.
[1]Das Amt und die Vergangenheit, Einleitung, S. 21, S. 1
[2]Ebenso: Daniel Körfer, Diplomatenjagd, 2013, S. 24, Alfred Grosser, ebda, S . 489
[3]Wir halten die USA drinnen, die Sowjets draußen und die Deutschen unten, Lord Ismay Website
[4]Uli Kulke, Erwin Wickert, 2022, S. 2o5, 210 ff
[5]Erwin Wickert, Die glücklichen Augen, DVA, S. 155; Uli Kulke, Erwin Wickert, 2022, S 205, 210 ff
[6]Erwin Wickert, Die glücklichen Augen, DVA, S. 227 ; Uli Kulke, Erwin Wickert, S. 220; Prof Christian Hacke , ebd, Vorwort S .7-22
[7]Vermerk vom 10.3.1966. Geheim, IIA3-88.10-91-66; Vermerk von Staatsekretär Karl Carstens unterzeichnet, 25. 3. 1966 J, IIA3-88.10
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12. Januar 2024.
Diskussion über Chinabotschafter Erwin Wickert Bonner Friedensnote vom 25. März 1966. Sein Anteil an der Wiedervereinigung, Senioren Union. Reinickendorf, Ort noch unbekannt>
13. Dezember, 2023
Diskussion über Chinabotschafter Erwin Wickert. Bonner Friedensnote vom 25. März 1966. Sein Anteil an der Wiedervereinigung, Senioren Union. Treptow-Köpenick
Ort: Hotel „Köpenicker Hof“, Stellingdamm 15, 12555 Berlin-Köpenick
Die Buchvorstellung ist vom 7. Dez auf 11. Januar 2021 verschoben worden
ERWIN WICKERT STIFTUNG 12. Oktober 2020
Vorsitzender: Wolfram Wickert
Fehrbelliner Str 56, DE 10119 Berlin
T +49-30-65 218 219; mail: ww@laolang.de
PRESSEMITTEILUNG
Die Erwin Wickert Stiftung beabsichtigt, eine Biographie über den Stifter und ehemaligen China-Botschafter Erwin Wickert in Auftrag zu geben. Hierzu benötigt sie Einsicht in die Akten zur Berufung, Aufgabenerteilung und Förderung der vom ehemaligen Bundeaußenminister Joschka Fischer im Jahr 2005 eingesetzten sog. „Unabhängigen Historikerkommission“. Die Erwin Wickert Stiftung wirft Joschka Fischer und der Historikerkommission vor, historisch inkorrekte bzw. jedenfalls missverständliche Aussagen über Erwin Wickert getroffen zu haben. Die Erwin Wickert Stiftung hat deshalb über die Kanzlei Raue PartmbB vor dem Verwaltungsgericht/Berlin Klage gegen Außenminister Maas erhoben (2. Kammer des Verwaltungsgerichts/Berlin, Aktenzeichen: VG 2K 160/20). Das Auswärtige Amt verweigert die Akteneinsicht, obwohl der Stiftung ein entsprechender Anspruch aus dem IFG bzw. dem BArchG zusteht. Es ist außergewöhnlich, dass ein Minister einem hochrangigen Botschafter verwehrt, sein Ansehen zu wahrenEx-Außenminister Joschka Fischer hat die Historikerkommission im Jahr 2005 eingesetzt, um die Geschichte des Auswärtigen Amts aufzuarbeiten. Die Kommission sollte insbesondere die Rolle des Auswärtigen Dienstes in der Zeit des Nationalsozialismus und den Umgang mit dieser Vergangenheit nach der Wiedergründung des Auswärtigen Amts 1951 untersuchen.
Im Jahr 2010 veröffentlichte die Kommission ihre Ergebnisse in dem Buch „Das Amt und die Vergangenheit“. Dieses Buch löste eine breite Debatte über die Ergebnisse und Methoden der Untersuchung aus. Dabei kam es zu heftiger Kritik an der Einsetzung, dem Auftrag und dem Vorgehen der Kommission. So zeigt beispielsweise der Historiker Daniel Koerfer in seinem Buch „Diplomatenjagd: Joschka Fischer, seine Unabhängige Kommission und Das Amt" gravierende methodische Defizite an der Arbeit der Kommission auf.
Die Stiftung vermutet zudem, dass Joschka Fischer und die Kommission die Ergebnisse der Untersuchung im Vorhinein abgesprochen haben. Hierfür spricht, dass Eckart Conze, der spätere Koordinator der Kommission, bereits vor der eigentlichen Untersuchung das Auswärtige Amt aus der NS-Zeit als „verbrecherische Organisation“ bezeichnet hat. Joschka Fischer hat mittlerweile selbst eingeräumt, dass die Einsetzung der Kommission bewusst als Reaktion auf die Kritik ehemaliger Diplomaten an seiner Amtsführung in der sog. Nachrufdebatte erfolgte. Auslöser dieser Debatte war die Entscheidung Joschka Fischers aus dem Jahr 2005, in der Hauszeitung des Auswärtigen Amts keine Nachrufe mehr für Diplomaten abzudrucken, deren berufliche Biographie in die NS-Zeit hineinreichte.
Joschka Fischer verfolgte offenbar das Ziel, die ihn kritisierenden Diplomaten abzustrafen. Anders lässt sich seine Äußerung aus dem Jahr 2010 „Jetzt haben die deutschen Diplomaten den Nachruf bekommen, den sie verdienten!“ nicht verstehen. Erwin Wickert spielte in der Nachrufdebatte eine zentrale Rolle. Er forderte Joschka Fischer in diesem Zusammenhang öffentlich zum Rücktritt auf.
Vor diesem Hintergrund möchte die Stiftung prüfen, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage die Historikerkommission zu den Aussagen über Erwin Wickert kam. Von Interesse für die Stiftung ist dabei auch, ob die Bezeichnung „Unabhängige Historikerkommission“ bewusst gewählt wurde, um wissenschaftliche Seriosität zu suggerieren. Die Stiftung ist zudem überzeugt, dass die Auftragsarbeit der Historikerkommission nicht mit Steuergeldern (insgesamt 1,4 Millionen Euro) hätte gefördert werden dürfen.
W. Wickert
ERWIN WICKERT STIFTUNG 5. XI. 2014
Vors. Wolfram Wickert
Betr.: Schenkung der Erwin Wickert Stiftung zum 9. November 2014 von 1.000 Bänden von Daniel Koerfers Buch "Diplomatenjagd - Joschka Fischer, seine Unabhängige Kommission und Das Amt" (Potsdam 2013) an das Auswärtige Amt als Beitrag zur Debatte der komplexen Ressortgeschichte
Vermerk vom 5.11.2014 / 12.30 Uhr
Die o. e. Schenkung der Erwin Wickert Stiftung ist für heute, Mittwoch, den 5.11.2014, mit Schreiben der Stiftung Herrn Außenminister Steinmeier über Herrn Min. Dir. Plötner avisiert worden.
Am heutigen Tage rief mich gegen 12h10 Min. Dir. Gerhard Küntzle, Sicherheitsbeauftragter des Auswärtigen Amts, an. Er erklärte überraschend, dass das Auswärtige Amt die Stiftung von 1.000 Exemplaren der “Diplomatenjagd” von Professor Koerfer nicht annehmen wolle, nicht annehmen könne und mithin zurückweisen müsse.
Das Auswärtige Amt sei nicht daran interessiert, die Debatte über die Vergangenheit des Auswärtigen Amts wieder neu aufleben zu lassen. Dies würde aber durch die Annahme der Studie von FU-Prof Koerfer unzweifelhaft geschehen. Ich erklärte, dass die Erwin Wickert Stiftung im Sinne ihres Gründervaters, der fast 50 Jahre auf durchaus streitbare Weise dem Amt gedient habe, die sachliche Diskussion über die Vergangenheit des AA vertiefen und fördern wolle.
Herr Küntzle führte ferner aus, die Schenkung komme überraschend. Sie hätte im Vorfeld genauer abgesprochen werden müssen. Auf meine Entgegnung, die Anlieferung sei vor zehn Tagen dem Auswärtigen Amt angekündigt worden, die Kurier- und Posteingangsstelle habe sogar als Anlieferungstermin, Mittwoch, den 5. November 2014, ab 13h30 selbst vorgeschlagen, meinte der Sicherheitsbeauftragte, diese Entscheidung habe ein Beamter niederen oder mittleren Ranges getroffen. Sie gelte nicht heute mehr, weil sie nun durch eine politische Entscheidung von höherer, ja höchster Instanz ersetzt werde.
Die mit dem Transport betraute Spedition (DHL) hatte offenbar heute früh wegen der Anlieferung beim Auswärtigen Amt vorgesprochen und eine unklare, bis ablehnende Information erhalten. Der Spediteur, nicht auf den Mund gefallen, soll daraufhin erklärt haben: “Dann kommen wir eben um 13.00 h wieder und bringen gleich die Presse mit”. Diese Aussage muss im Amt Bestürzung bis Panik hervorgerufen haben, denn sie führte unmittelbar zum Anruf von Herrn Küntzle als Sicherheitsbeauftragtem bei mir. Er forderte mich dringend auf, eine solche Presse-Aktion unbedingt zu unterlassen und die Anlieferung der Stiftungs-Schenkung unverzüglich zu stoppen.
Herr Küntzle meinte, als Sicherheitsbeauftragter noch etwas weiter ausholen zu müssen und erklärte, dass die Annahme der Schenkung durch die Stiftung das Auswärtige Amt auch vor beamtenrechtliche Probleme stelle. Beamte dürften keine Geschenke annehmen und das Buch von Prof. Koerfer sei teuer (24.95 €uro).br />
Ich erwiderte, dass die Stiftung des Buches dem Amt und nicht einzelnen Beamten zugedacht sei. Die Erwin Wickert Stiftung habe die Stiftung z.B. für Bibliotheken der Botschaften, der Goethe Institute, für die Attaché-Ausbildung und den Personalrat vorgesehen. In der Attaché-Ausbildung sei der Kommissionsbericht "Das Amt und die Vergangenheit" der Fischer-Kommission Bestandteil der Ausbildung. Sachlich sei es daher geboten, eine konträre Darstellung wie sie das Buch von Prof. Koerfer biete, den angehenden Diplomaten zur Verfügung zu stellen, damit diese sich selbst ein eigenes Urteil bilden könnten. Einseitigkeit fördere nicht das kritische Denkvermögen, auf das doch offiziell immer großer Wert gelegt werde.
Der Sicherheitsbeauftragte des AA meinte abschließend, er selbst habe ein Koerfer-Buch, die Botschaftsbibliothek im Hause sei bestückt, es bestünde aus seiner Sicht daher überhaupt keine Notwendigkeit mehr für eine solchen Stiftung bzw. Schenkung.
Die DHL hat die vom AA zurückgewiesene Sendung aus Köln in Berlin nunmehr bis auf weiteres zwischengelagert.
WolframWickert, Stiftungsvorsitzender, Berlin
ERWIN WICKERT STIFTUNG November 2014
Vorsitz: Wolfram Wickert
Fehrbelliner Str 56, D-10119 Berlin, Tel 030-65 218 219
Herrn Minister Frank-Walter Steinmeier
Auswärtiges Amt,
Werderscher Markt 1, 10117 Berlin
Betrachtungen zum Gedenktag:
25 Jahre Fall der Mauer,
Zukunft Neu-Deutschlands
Sehr geehrter Herr Minister,
den Hinweis Ihres Staatssekretärs aufgreifend, die Debatte über die Vergangenheit des Auswärtigen Amts solle nicht von Politikern sondern Historikern entschieden werden, schenkt die Erwin Wickert Stiftung Ihrem Hause zum 9. November 1.000 Exemplare von Professor Daniel Koerfers Studie: “Diplomatenjagd, Joschka Fischer, seine unabhängige Kommission und das Amt”. Sie versteht diese Stiftung als Beitrag zu unserer Debattenkultur, der nicht an Sparzwängen scheitern darf.
Professor Koerfer rückt mit seinem vielschichtigen Buch die einseitige Darstellung der Geschichte des Auswärtigen Amtes in der von Josef Fischer in Auftrag gegebenen Studie „Das Amt“ zurecht. Das gilt auch für das Wirken der in „Das Amt“ allzu eintönig dargestellten Amtsangehörigen aus der Nachkriegszeit bis hin zu Willy Brandt und Egon Bahr. Für ihn sind Historiker keine Richter und Staatsanwälte, sondern "Dolmetscher der Toten". Schon Fontane hat gesagt: "Die Toten haben Anspruch darauf, dass die Lebenden sich bemühen, ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen".
Koerfers Buch und unsere Schenkung stehen unter diesem Motto. Wir möchten im Sinne unseres streitbaren Stiftungsgründers, der dem Amt über Jahrzehnte eng verbunden war, den zahlreichen Angehörigen Ihres Hauses und Besuchern der Goethe-Institute die Möglichkeit zur vergleichenden Lektüre von "Kommissionsbericht" und "Diplomatenjagd" eröffnen und damit die Voraussetzungen für alle Interessierten erleichtern, sich selbst ein Urteil zu bilden.
Ich wünsche Ihnen und dem Diplomatischen Dienst zum Gedenken an die Bedeutung von Höhen und Tiefen des 9. Novembers in der deutschen Geschichte, mit dem Gedenken an die Wiedervereinigung und an ihre Auswirkungen auf Europa einen nachdenklichen Blick zurück - und einen mutigen Blick in die Zukunft.
In diesem Sinne bitte ich auch unser Geschenk zu verstehen.
Mit freundlichen Grüßen
W. Wickert
ERWIN WICKERT STIFTUNG: Blick in Zukunft, nicht nur in Vergangenheit
Der Mauerfall vom 9. November 1989 hat den Weg zur Wiedervereinigung geebnet. Die Bonner Regierung bestimmte den Weg des Beitritts bei der Auflösung von DDR-Regierung und Zusammenlegung von Ministerien in der neuen Hauptstadt Berlin und bei der Bildung der neuen Armee aus kleineren Teilen von NVA und aus alter Bundeswehr. Auch ein Teil des Auswärtigen Dienstes der DDR wurde in das heutige Auswärtige Amt eingegliedert. Deshalb ist es unverständlich, dass die sog. “unabhängige Historikerkommission” ihre Studie “Das Amt und die Vergangenheit” auf der DDR-Propagandabroschüre: “Braunbuch. Kriegs- und Naziverbrecher in der BRD und in Westberlin” aufbaut. Sie übernimmt die kommunistische Kalte Kriegs-Propaganda von den Attachés, i.e den ehemaligen NSDAP-Mitgliedern, die nach ihrer Wiedereinstellung die westdeutsche Außenpolitik in Bonn mit NS-Ideologie geprägt haben sollen. Weiterhin: die Kommission bricht die Darstellung der westdeutschen Diplomatie mit dem letzten DDR-Braunbuch Ende der 1960-er Jahre ab? Sie klammert nicht nur die Entspannungspolitik Walter Scheels und Hans Dietrich Genschers, sondern auch die Genscher-Meckelsche Diplomatie während der 2+4 Verhandlungen aus! Es wäre ebenso unsinnig, allein den Wiederaufbau des DDR Außenministeriums mit ehemaligen NS-Diplomaten ohne Zusammenhänge mit Kaltem Krieg darzustellen. Moskau sah die DDR-Deutschen als kommunistische Opfer des Nationalsozialismus. Ost-Berlin lehnte nicht nur eine Wiedergutmachung ab, sondern stimmte am 10. November 1975 auch der Resolution der UNO zu, die den Zionismus als eine Form des Rassismus verurteilte. Die erste frei gewählte Volksammer distanzierte sich im April 1990 und beschloss Wiedergutmachungszahlungen, die Deuschland nach der Einheit teilweise übernahm. Natürlich waren auch in Ost-Berlin – ebenso wie in Wien und Bonn - ehemalige NSDAP-Kader am Wiederaufbau von Ministerien und Armeen beteiligt. Aber sollen die “NS-Mumien” Ost-Berlins unter den Teppich gekehrt werden? Historiker und Politiker seien vor Pauschal-Kritik gewarnt. Für Diktaturen gilt: Jede Parteimitgliedschaft in NSDAP- oder SED muss einzeln geprüft werden.
Der Kommissionsbericht wirft natürlich die Gegenfrage auf: Hätten die Bonner “Ehemaligen” die finanzielle Wiedergutmachung mit Israel, Londoner Schuldenabkommen, Gründung von Montanunion, Europäischer Wirtschaftsgemeinschaft oder gar die Aufnahme in die NATO mit NS-Ideologie prägen können? Sollten die West-Alliierten, sollte Curchill, deGaulle, Kennedy, sollte in Deutschland der Zentralrat der Juden, die israelische Botschaft, sollten Axel Springer, Henry Nannen oder Rudolf Augstein diese Entwicklung nicht bemerkt haben? Außerdem: die Kommission übersieht, dass Professor Hermann Meyer-Lindenberg, Direktor der Politischen Abteilung (1965-1968), in den 1960-er Jahren mit seinen Beamten die großen Leitlinien der Außenpolitik entwickelte. Er war Remigrant und nach NSDAP Aufassung “Halbjude”. Bundespräsident Theodor Heuss hat ihn im Jahr 1954 aus den USA zum Aufbau der westdeutschen Demokratie nach Deutschland geholt. Weder DDR-Braunbuch noch die Kommission erwähnt ihn.
Fragen wir uns nun 25 Jahre nach dem Fall der Mauer, ob das Auswärtige Amt mit der “politischen Betroffenheit” der sog. Historikerkommission die richtige Antwort auf den Beginn einer neuen Epoche gibt? Könnte sie zu einer neuen Identität, zu einer gesamtdeutschen Betrachtung unserer NS-Vergangenheit führen, die beiden Teilen des vereinten Deutschlands, sowohl der DDR als auch der Bonner Bundesrepublik, gerecht wird? Könnte sie zu einem neuen europäischen Selbstverständnis führen? Wohl kaum. Eine gesamtintegrierende Geschichte hätte die unterschiedliche Weisen darstellen müssen, wie Diplomaten Ost-Berlins und Bonns mit ihrer NS-Vergangenheit umgegangen sind. Auch die positiven Lehren, die aus der Vergangenheit gezogen wurden, sollten in die Analysen einbezogen werden. Oesterreich hat sein Auswärtiges Amt umbenannt in “Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten“. Die EU baut einen eigenen europäischen Diplomatischen Dienst auf.
Sowohl Visa- als auch Nachruf-Affaire zeigen, dass die Kritik der “Ehemaligen” an den außenpolitischen Fähigkeiten von Ex-Außenminister Fischer berechtigt ist. Die Behauptung seiner Historikerkommission, die “Mumien” hätten mit einem ehrenden Nachruf im AA-Amtsblatt ihre “kollektive Unschuld” beweisen wollen, verzerrt die NS-Vergangenheit. Es gibt weder eine “kollektive Unschuld” noch eine “kollektive Schuld”. Für einen Mord kann nur der Täter die Verantwortung tragen. Friedliche Rebellion für das neue Deutschland? Heutige Diplomaten wirken so langweilig wie im Dritten Reich?
Die sog. unabhängige Historikerkommission des AA kann, wie Professor Koerfer in seiner Studie “Diplomatenjagd” belegt, nicht überzeugen. Die Erwin Wickert Stiftung verleiht ihm deshalb zum 100 Geburtstag des Stifters am 7. Januar 2015 den mit 10.000 € dotierten “Orient- und Okzident-Preis”. Sie regt ihn an, den Wiederaufbau der diplomatischen Dienste im geteilten Deutschland, sowohl in Ost-Berlin als auch in Bonn genauer zu erforschen.
The Nazi Past and Historiography in reunified Germany
After 1945, former Nazi Foreign Ministry officials went on to staff the Foreign Ministries of East Berlin, Vienna and Bonn
In early 2005, a visa scandal embarrassed Berlin’s Foreign Ministry. Under instructions, diplomats began issuing visas without regard to previous safeguards against abuses of human trafficking and illegal immigration. Suddenly hundreds of thousands of East Europeans invaded the EU via Germany. German diplomats asked Foreign Minister Josef Martin Fischer (1998-2005) to resign. He retaliated with the so-called “obituary affair.” Diplomats who had formerly been Nazi-party members were no longer allowed to have their obituaries published in the Official Journal of the Foreign Ministry. At Fischer´s suggestion, an "independent historian´s commission" would complete an integral account of the Foreign Ministry’s post-war history.
The historians of the commission: Moshe Zimmermann, Peter Hayes, Norbert Frei and Eckart Conze published their study in 2010, Das Amt und die Vergangenheit (The Foreign Ministry and The Past). It attracted wide attention by arguing that the National Socialist Foreign Ministry had been a "criminal organization”, having played a major role in organizing the Holocaust. A number of these formerly Nazi party diplomats continued in office after their reinstatements in the Bonn Foreign Ministry and influenced the West-German foreign policy with Nazi thinking.
Both such allegations were part of Moscow´s and East-Berlin´s propaganda during the Cold War.
Until recently, only one part of the commission's conclusions has been under discussion - that which dealt with Foreign Minister Ribbentrop´s (1938-45) Foreign Ministry acting as a criminal organization. Both British historians, Christopher Brownings, and the German Guild of Historians (Summer Meeting 2013, Academy of Tutzing) criticized the commission’s use of the term "criminal organization" because it was applied by the Nuremberg trials (1945-49) only to Nazi party organizations. But the Foreign Office had worked differently than party organizations. On this topic Daniel Koerfer published the most important study: "Diplomatenjagd, Joschka Fischer, seine unabhängige Historiker und das Amt" (Potsdam 2013).
The second conclusion of the historian´s commission about "West Germany’s Nazi foreign policy" has also aroused criticism. Would it have been possible that these so-called "Nazi diplomats” could have worked out the far-sighted treaties establishing the new Europe, including the Coal and Steel Community (1951), or negotiated with Israel the Luxembourg Agreement (1952) for reparations? It is ironic to allege that the latter agreement could have been worked out by former Nazi diplomats because it was negotiated with Israel. Could “Ribbentrop´s diplomats in Bonn" have prepared the London Debt Agreement (1953)? Could they have designed, after the Korean War, the Paris Agreements for admission of the Federal Republic into the NATO (1955) and then, could they have prepared the Treaty of Rome establishing the European Economic Community (EEC) and Euratom (1957)?
Furthermore: could it be that the Federal Republic of Germany had for decades deceived the governments in London, Washington, Paris or Jerusalem with policies influenced by Nazi thinking? Could it be that British or US diplomats, stationed in West Germany, should not have noticed it? Could it be that U.S., British, French, and Belgian officers or generals of the occupying forces did not perceive this? Could it be that only the Western Allies did not recognize the Nazi ideologies of the Bonn diplomats or perhaps even accepted them? Does this thesis sound convincing?!
Or was it just East Berlin and Moscow that alone detected this "Bonn-Nazi influence”? As already mentioned, the two main theses of the historian´s commission - "Ribbentrop's Foreign Ministry as a criminal organisation" and a "West German foreign policy tainted by former Nazis"- first emerged as communist propaganda, here two examples: “Das Braunbuch. Kriegs- und Nazi-Verbrecher in der Bundesrepublik und Westberlin” declared in 1968: "In addition to the Main Intelligence Office (RSHA) and the Wehrmacht with the OKW … the Foreign Office planned and prepared the most important aggressions and crimes of the Nazi Reich. His officers ... acted as key figures ... There is no case known in which the Foreign Office, or even groups of officials had prevented crime" (p 233, 246f; Daniel Koerfer, Diplomatenjagd, p 17). The NEUES DEUTSCHLAND, the communist party newspaper, end of February 1962 answered the Peace Note of the West German Government, the beginning of the détente-policy: "Adenauer and Schröder talk just like Hitler and Goebbels. The old Nazi diplomats in Bonn Foreign Ministry have drawn up the memorandum in Hitler's language "(quoted according to E. Wickert, Die glücklichen Augen, 2001, p157).
A further occasion for skepticism is the question of the possible motives of the "West German Nazi diplomats”. A defeated and divided Germany lay in ruins. The world recognized Fascism and National Socialism had failed -- just as today Eastern Bloc communism is seen as politically dead.
Nonetheless, the historian´s commission, subsidized with € 1.5 million, supported Foreign Minister Fischer, claiming that the "old gang of West German Nazi diplomats" sought to prove their “collective innocence” by having their honorary obituaries published in the official Journal of the Foreign Office. But there is neither a collective guilt, nor a collective innocence. Only the offender himself is to blame for a murder. And only he can take responsibility for his past.
The historians’ commission wrote a recapitulation of the West-German diplomacy out of the perspective of Cold War-categories, and failed to achieve an "integrated representation" of the united Germany´s diplomacy. They have superficially read the personnel records of West German diplomats, fitted negative facts into ideological principles and suppressed contradictory positive ones. A particularly glaring example: the commission accused a young attaché at the Embassy in Tokyo (1940-1945), for having worked to promote the Holocaust in Japan. But they overlooked that there existed neither Jewish communities nor concentration camps for them in Japan. They also omitted that this attaché served as a courier for the resistance to Hitler. He later worked as German Ambassador at the NATO delegation in Brussels (1970-1976). Needless to say, he did not abuse the NATO allies with Nazi thinking. It is astonishing that the historians have not taken into account such historian criticisms in their new editions.
The fact that diplomats from Ribbentrop's Foreign Ministry dispersed into the three Foreign Ministries of East Berlin, Vienna and Bonn, is undisputed. All three ministries were built up with the help of former Nazi diplomats. The governments declared that it would be impossible to establish a Foreign Service without experienced personnel. From a scientific point of view the exclusion of East Berlin and Vienna diplomats from the commission’s study is remarkable because the personnel records of later Austrian and East-German diplomats with Nazi pasts exist in Berlin's Foreign Ministry alongside those of West German diplomats. On top of that, the federal government pays the pensions of former East German ambassadors and diplomats. Twenty-five years after the fall of the Berlin Wall and the dissolution of the Communist bloc, an integral history of the diplomatic era would have to include all three types of diplomats who coped with the Nazi past.
The independent historian´s commission has, as already indicated, excluded segments of European post-war diplomacy. It suppressed the history of the East Berlin Foreign Ministry with its first foreign minister Georg Dertinger, (1949-53, Nazi-party member) and the fact that East German diplomats took part in the Two + Four-Treaty negotiations for the reunification. Also, the commission’s study did not mention the former Nazi diplomats in the Austrian Foreign Ministry in Vienna because, during the Cold War, Austria remained neutral, thus sparing it becoming a target of communist propaganda.
The Nazi past still haunts the reunified Germany, making it dangerously taboo to depict the Nazi period. The average citizen has the impression that small institutions and organizations, the media, and political party-functionaries are guarding the well-worn ritual of treating the past like a painting of moral horror in blacks and whites. They use this memory of the past to play politics or to blame others. Former Foreign Minister Fischer acquired historians with taxpayers' money to purchase a study that condemned his diplomats with any former Nazi party credentials. Their study’s numerous errors, the constructed CVs of diplomats, the exclusion of diplomats serving in Vienna and East-Berlin, and the blanket assertion of the NS-oriented West German foreign policy - which cannot be fully documented by Moshe Zimmermann, Peter Hayes, Norbert Frei and Eckart Conze - has led to a disillusionment, which has especially been under scrutiny by the younger generation of academics.
The history of European diplomacy needs to be rewritten. Therefore, the Erwin Wickert Foundation (named for the diplomat (1915-2007) who as envoy at the German Embassy / London, ambassador in Beijing and author of novels and foreign policy non-fiction) has awarded to Daniel Koerfer its "Orient and Occident prize" (€ 10,000) to support his scientific research on European diplomacy and the Nazi past.
Shortly after the release of the controversial study, the Erwin Wickert Foundation warned the Federal Government that the Foreign Office had subsidized a book based on old communist propaganda. In principle, governments do not finance profitable private projects. However, no politician has dared to respond to the demand of the Erwin Wickert Foundation that tax money expenditures be reimbursed. Although criticism and distress has grown over the numerous errors in the study, the federal government has not dared to address the haunting controversies over Germany’s past that it has stirred up. On the contrary, the government has suggested anxiously that it is the duty of the historians to straighten out the controversy, not the politicians (archive of Erwin Wickert Foundation). Why? Anyone attempting a balanced judgment that weighs the diverse aspects of National Socialism will run the risk of being called a Nazi or Nazi sympathizer. If a politician did so, he would jeopardize his career.
Daniel Koerfer´s "Diplomatenjagd" is an exceptionally well-researched and differentiated study of the German diplomacy. But his manuscript also got a circumspect reception among the larger German publishers and the editors of the elder generation, who felt more comfortable with the thesis that there was a "criminal organization in the Foreign Ministry."
The 20th century is past. The national historiography has had its day. But are "concern or sensations" the correct answer to the beginning of a new era? Historians who represent the youngest history of German diplomacy should consider all foreign services (Vienna, East Berlin, Bonn) and the transition of national foreign ministries in a European diplomacy in Brussels. The German historiography is caught in the cobwebs of old myths and ideologies and not yet in search of a new European Identity.
Das Vereinte Deutschland und die NS-Vergangenheit
Ribbentrops Auswärtiges Amt zerfiel 1945 in die Auswärtigen Dienste von Ostberlin, Wien und Bonn. Europäische Zukunft?
Das Auswärtige Amt hat auf Anregung von Außenminister Josef Fischer (1998-2005) bei seiner “unabhängigen Historikerkommission”, die aus den Professoren Moshe Zimmermann, Peter Hayes, Norbert Frei und Eckart Conze bestand, eine “integrierende Gesamtdarstellung” seiner Vergangenheit bestellt. Die Historiker versuchten mit ihrer Studie “Das Amt und die Vergangenheit” den Eindruck zu erwecken, dass die Diplomatie des Dritten Reichs eine “verbrecherische Organisation” gewesen sei und die westdeutsche Außenpolitik von NS-Ideologien geprägt war. Britische Historiker wie Christopher Browning widersprachen der These der “verbrecherischen Organisation”, ebenso sowie die Gilde deutscher Historiker (Sommertreffen 2013 in der Ev. Akademie Tutzing). Daniel Koerfer, Freie Universität Berlin, veröffentlichte zu diesem Thema die wichtigste Gegenstudie: "Diplomatenjagd, Joschka Fischer, seine unabhängige Historiker und das Amt", Potsdam 2013.
Aber auch die These der Historikerkommission über die "westdeutsche NS-Außenpolitik" weckt erhebliche Zweifel. Wäre es zum Beispiel möglich gewesen, dass ehemalige NSDAP-Mitglieder unter westdeutschen Diplomaten die weitsichtigen Verträge zur Gründung des neuen Europa, einschließlich der Verträge zur Gründung der Montan Union (1951) ausgearbeitet oder etwa das Luxemburger Abkommen (1952) zur Wiedergutmachungs mit Israel verhandelt hätten? Ausgerechnet mit Israel! Hätten die westdeutschen Diplomaten der Historikerkommission das Londoner Schuldenabkommen (1953) vorbereiten können? Hätten sie nach dem Korea-Krieg die Pariser Verträge zur Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO (1955) entwerfen oder dann die Verträge von Rom zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und Euratom (1957) vorbereiten können, etc. etc.?
Könnte es sein, dass die Bundesrepublik Deutschland die Regierungen in London, Washington, Paris oder Jerusalem jahrzehntelang mit außenpolitischen NS-Gedankengut getäuscht hätte? Könnte es sein, dass britische oder US-Diplomaten, die in West-Deutschland stationiert waren, dies nicht bemerken haben sollten? Könnte es sein, dass die US-, britischen, französischen oder belgischen Offiziere und Generale der Besatzungsmächte dies nicht wahrnahmen? Könnte es sein, dass die Westalliierten nicht die NS-Ideologien der Bonner Diplomaten erkannten oder sie sogar akzeptiert hätten? Klingt nicht überzeugend!
Die Zweifel mehren sich weiterhin, sucht man mögliche Motive "Westdeutscher Nazi-Diplomaten"? Deutschland lag in Ruinen. Es war besiegt und geteilt. Die Welt wusste, dass Faschismus und Nationalsozialismus gescheitert waren, so wie wir heute wissen, dass seit der Auflösung des Ostblocks der Kommunismus politisch tot ist.
Die Thesen der Historikerkommission sind bereits aus kommunistischer Propaganda des Kalten Krieges bekannt. Sollten allein Ost-Berlin, Moskau, die Kommission und die letzten drei Außenminister die Nazi-Verstrickung der westdeutschen Außenpoltik erkannt haben? Hier drei Beispiele Ost-Berliner Propaganda: Das Braunbuch. Kriegs- und Nazi-Verbrecher in der Bundesrepublik und Westberlin meinte 1968: “… war das Auswärtige Amt jene Einrichtung, durch die die wichtigsten Aggressionen und Verbrechen des Nazi-Reiches geplant und vorbereitet wurden …Seine Beamten wirkten als Schlüsselfiguren.” (S. 233, 246f, Koerfer, Diplomatenjagd, S. 17).
Das Braunbuch über westdeutsche Diplomaten: “Sie übernahmen nach und nach die entscheidenden außenpolitischen Funktionen. So ist es zu dem gefährlichen und zugleich grotesken Zustand gekommen, daß ehemalige Nazi-Diplomaten als Vertreter der Bundesrepublik in solchen Ländern agieren, deren Eroberung, Unterdrückung und Ausplünderung sie einst mitplanten und verwirklichten.” (S. 246f).
Das NEUE DEUTSCHLAND hatte schon Ende Februar 1962 auf die Friedensnote der Bundesregierung, den Beginn der Ost- und Entspannungspolitik, geschrieben: “Adenauer und Schröder reden genauso wie Hitler und Goebbels. Die alten Nazidiplomaten im Bonner Außenministerium haben das Memorandum in Hitlers Sprache abgefasst” (zit. nach E. Wickert, Die glücklichen Augen, 2001, S.157).
Die westdeutscher Diplomaten werden, wie im Braunbuch, in Schwarz-Weiß Farben gemalt, Negativa werden hervorgehoben, Positiva unterdrückt. Ein besonders krasses Beispiel: die Kommission beschuldigt einen jungen Attaché an der Botschaft in Tokio (1940-1945), er habe sogar in Japan an der Endlösung mitgarbeitet. Die Historiker übersehen, dass dort weder jüdische Gemeinden noch Konzentrationslager existierten. Natürlich verschwiegen sie, dass dieser Attaché Kurierfahrten für den Widerstand unternahm und später als deutscher Botschafter bei der NATO-Delegation in Brüssel arbeitete (1970-1976). Unnötig zu sagen, dass er die Alliierten nicht mit NS-Ideologien maltraitiert hat. Erstaunlich ist, dass die Historiker Kritik nicht in Neuauflagen aufnahmen. Im Gegenteil, sie, die mit 1,5 Millionen € subventioniert worden waren, unterstützten Ex-Außenminister Fischer mit der Behauptung, die “Ehemaligen” hätten durch einen ehrenden Nachruf im Amtsblatt des Auswärtigen Amts ihre “kollektive Unschuld” beweisen wollen. Aber es gibt weder eine kollektive Schuld, noch eine kollektive Unschuld. Nur der Täter selbst trägt die Schuld an einem Mord.
Dem Auswärtigen Amt in Berlin scheint bisher nicht aufgefallen zu sein, dass die Kommission eine “integrierende Darstellung” der heutigen, gesamtdeutschen Diplomatie verfehlt hat. Sie hat Teile der europäischen Nachkriegsdiplomatie ausgeklammert. Sie unterdrückt z.B. die Geschichte des Ost-Berliner Auswärtigen Amts mit ihrem ersten Außenminister Georg Dertinger, (1949-53, NSDAP-Mitglied) und die Tatsache, dass DDR-Diplomaten den Zwei + Vier-Vertrag zur Wiedervereinigung mitverhandelt haben. Sie erwähnt auch nicht die ehemaligen NS-Diplomaten im österreichische Außenministerium in Wien. Allerdings geriet es auch nicht wie Bonn in die Schusslinie kommunistischer Propaganda, weil Österreich während des Kalten Krieges Neutralität wahrte.
An der Tatsache, dass Außenministerium des Dritten Reichs in die drei Auswärtigen Dienste von Ost-Berlin, Wien und Bonn zerfiel, ist nicht zu rütteln. Alle drei Ämter wurden mit Hilfe ehemaliger NS-Diplomaten aufgebaut. Die Regierungen erklärten damals, es wäre unmöglich, einen Auswärtigen Dienst ohne erfahrene Personal aufzubauen. Aus wissenschaftlicher Sicht ist der Ausschluss Ost-Berliner und Wiener Diplomaten um so unverständlicher, als die Personalakten späterer österreichischer und ost-deutscher Diplomaten mit NS-Vergangenheit ebenfalls im Berliner Auswärtigen Amt liegen. Die Bundesrepublik bezahlt obendrein sogar die Pensionen ehemaliger DDR-Botschafter und Diplomaten.
Kurz nach Erscheinen der umstrittenen Studie warnte die Erwin Wickert-Stiftung die Bundesregierung, dass das Auswärtige Amt ein Buch subventioniert habe, das auf alter kommunistischer Propaganda basiert. In der Regel finanzieren Regierungen keine gewinnbringenden privaten Projekte. Aber auf den Vorschlag der Erwin Wickert Stiftung, die Steuergelder mit den Einnahmen des Verlages zu verrechnen, wagte kein Außenminister einzugehen. Auch wenn Kritik und Unbehagen wegen der Fehler der Studie wächst, traut sich die Bundesregierung dennoch nicht, die Geister zu bannen, die sie gerufen hat. Stephan Steinlein, Staatsekretär im Auswärtigen Amt: “Eine wissenschaftliche Bewertung der Studie sowie neuerer Forschungsergebnisse bleibt jedoch Aufgabe der historisch-wissenschaftlichen Forschung” (Brief vom 24. 2. 2014 an Erwin Wickert Stiftung). Warum? Der differenzierende Betrachter, der unterschiedliche Aspekte des Nationalsozialismus gegeneinander abwägt, läuft Gefahr, selbst als Nazi oder Nazi-Sympathisant bezeichnet zu werden. Ein Politiker könnte seine Karriere gefährden?.
Daniel Koerfers “Diplomatenjagd” hat eine außergewöhnlich gut und akribisch recherchierte, differenzierende Studie über die deutsche Diplomatie veröffentlicht. Aber auch er stieß mit seinem Manuskipt bei den großen deutschen Verlagen erst einmal auf Argwohn; Verleger und Lektoren der älteren Generation fühlten sich wohler mit der These von der “verbrecherischen Organisation des Auswärtigen Amts”.
Neunzehntes und Zwanzigstes Jahrhundert sind Vergangenheit. Die nationale Geschichtschreibung hat ausgedient. Aber ist “politische Betroffenheit” die richtige Antwort auf den Beginn einer neuen Epoche? Könnte sie zu einer neuen europäischen Identität führen? Wohl kaum. Weltkriege, Kommunismus, Faschismus und Kalter Krieg sollten heute in Gesamtzusammenhänge übergreifender europäischer Blickwinkel gebettet werden. Es wäre interessant zu wissen, auf welche unterschiedliche Weisen die Diplomaten in Wien, Ostberlin, Bonn ihre NS-Vergangenheit bewältigten. Auch die Lehre aus der Vergangenheit, die EU baut in Brüssel ein europäisches Außenministerium auf, sollte in die Analysen einbezogen werden.
Pressemitteilung (22./23.6.2014)
Die Erwin Wickert Stiftung verleiht ihren "Okzident- und Orient-Preis 2014/15" an den FU-Historiker Prof. Daniel Koerfer für sein couragiertes Eintreten für eine differenzierte Bewertung des Wir-kens der deutschen Diplomaten im 20.Jahrhundert.
Botschafter und Autor Erwin Wickert (1915-2008) hat im Jahr 1997 die Erwin Wickert Stiftung gegründet. Sie soll u.a. die Biographie, den politischen und literarischen Nachlass des Stifters wissenschaftlich auswerten helfen. Die Stiftung verleiht in unregelmäßigen Abständen den "Okzident- und Orient-Preis". Erster Preisträger war der New Yorker Star-Architekt Yeoh Ming Pei. Zum hundertsten Geburtstag des Stifters am 7. Januar 2015 verleiht sie den Stiftungspreis an Herrn Dr.Daniel Koerfer, Professor für Neuere Geschichte/Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin.
Begründung
Professor Daniel Koerfer erhält den Orient- und Okzident-Preis 2014/15 der Erwin Wickert Stiftung für seine Forschungsarbeiten/Beiträge zur Geschichte des Auswärtigen Amtes. Er rückt auf nachdrückliche Weise Fehldeutungen und Überzeichnungen zurecht und stellt die Biographie und politische Rolle des Stifters in Ostasien in eindrucksvoller Weise dar. Außerdem zeichnet er erstmals die Rolle von Botschafter Erwin Wickert in der von Ex-Außenminister Josef Fischer entfachten „Nachrufaffaire“ nach. Prof. Koerfers couragiertes Plädoyer für eine differenzierte Bewertung der deutschen Diplomaten zeigt sich in:
„Macht das 'Amt' es sich zu einfach?"
Interview mit Frank Schirrmacher, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, vom 29.11.2010, S.29-31 (Wolf Lepenies: "ein beeindruckendes, herausragendes Stück Debatten- und Dialogkultur beider Gesprächspartner - auch von Frank Schirrmacher...")
"Diplomatenjagd – Joschka Fischer, die unabhängige Historikerkommission und das Amt" (544 Seiten, Strauss Edition Potsdam)
Im November 2013 veröffentlichte Monographie über die Diplomatie im Dritten Reich und in der Bundesrepublik Deutschland
„Gespräch mit Ingo Kahle über DAS AMT"
Gesendet im Radio Berlin-Brandenburg am 15.2. 2014 und mehrfach wiederholt
Diskussion mit Professor Wolf Lepenies
Internationaler Club im Auswärtigen Amt/Berlin, 21. 5. 2014
Das Preisgeld in Höhe von 10.000 € soll Professor Daniel Koerfers wissenschaftliche Studien nicht nur ehrend hervorheben, sondern ihn auch zu neuen Forschungsbeiträgen über unbekannte Aspekte der deutschen Nachkriegsdiplomatie aus gesamtdeutscher Sicht anregen.
Folgende Themen werden in der Stiftung diskutiert:
http://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article122017508/Joschka-Fischers-Rache-am-Auswaertigen-Amt.html
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